Wirtschaftsmagazin für die frauenärztliche Praxis 5/2024
MEDIZIN Onkologie
Brustkrebs – Kiefernekrose bei Therapie von Knochenmetastasen vorbeugen Wird Brustkrebs erst in einem späten Stadium entdeckt, kann es zur Entwicklung von Knochenmetastasen kommen. Die Patientinnen erhalten dann eine Therapie, um die wei tere Ausbreitung zu verzögern. Im Zuge der Behandlung kann es zu einer Kiefernekrose kommen. Eine Langzeitstudie der Medizinischen Universität Innsbruck belegt nun, dass diese Nebenwirkung häufiger auftritt, als bisher angenommen. 1 Die Ergebnisse sprechen für eine zahnmedizinische Vorbehandlung der Betroffenen.
Fazit der Studie Bei der vorliegenden Ana lyse handelt es sich um die erste, flächendeckende Erhebung einer Nebenwir kung der Langzeittherapie bei Brustkrebspatientinnen mit Knochenmetastasen über eine Zeitspanne von 20 Jahren. Die vorliegenden Ergebnisse streichen die Wichtigkeit einer zahnme dizinischen Vorbehandlung von Patientinnen mit fortge schrittenem Brustkrebs vor Beginn der Therapie heraus. Darüber hinaus sollten zahnärztliche Nachunter suchungen regelmäßig ein gehalten werden, um eine angepasste Zahnpflege zu gewährleisten und erste Anzeichen und Symptome einer Kiefernekrose bereits frühzeitig zu erkennen.
U m das Fortschreiten von Kno chenmetastasen sowie einher gehende Folgen wie Schmerzen und Brüche zu verhindern, erhalten Brustkrebspatientinnen mit Kno chenmetastasen Medikamente wie Bisphosphonat oder Denosumab. Diese Substanzen beeinflussen den Knochenstoffwechsel, können aber eine medikamenten-assoziierte Kiefernekrose auslösen, bei der es zum Absterben des Kieferknochens kommt. Aber wie häufig tritt diese gefürch tete Nebenwirkung auf? Antworten auf diese Frage liefert die Studie der Medizinischen Universität Inns bruck. 1 Ein Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Christine Brun ner von der Univ.-Klinik für Gynä kologie und Geburtshilfe und dem Facharzt für Mund-, Kiefer- und Ge sichtschirurgie Dr. Johannes Laimer hat nun wichtige Erkenntnisse zu dieser bisher als sehr seltene Neben wirkung eingestuften Erkrankung gewonnen. Dafür wurden Daten von Tiroler Brustkrebspatientinnen mit Knochenmetastasen aus den Neue Standards für Prävention und Früherkennung
Jahren 2000 bis 2020 analysiert. Die Ergebnisse lieferten wichtige Erkenntnisse hinsichtlich der Häu figkeit des Auftretens dieser Neben wirkung, sodass in der Folge neue Standards zur Prävention und Früh erkennung definiert werden konn ten. „Wir haben hier interdisziplinär gearbeitet und konnten so zeigen, dass es durchschnittlich bei 8,8 % der Brustkrebspatientinnen zur Ent wicklung einer Kiefernekrose kam. Dieser Prozentsatz ist deutlich hö her als die bisher in der internatio nalen Literatur angegebenen Werte. Durchschnittlich dauerte es 4,6 Jah re bis Patientinnen mit Denosumab eine Kiefernekrose entwickelten, im Gegensatz zu 5,1 Jahren bei der Einnahme nach Bisphosphonaten,“ erklärt Brunner. Werden bei der Erstdiagnose von Brustkrebs bereits Metastasen, diag nostiziert, ist die Erkrankung derzeit nicht mehr heilbar. „Allerdings zei gen die Ergebnisse dieser aktuellen Studie, dass Patientinnen nach Dia gnose der Knochenmetastasen durch den Einsatz hocheffektiver Therapien durchschnittlich bis zu zehn Jahre überlebten, sodass wir inzwischen auch von einem chronischen Krank heitsverlauf sprechen. Das bedeutet
aber auch, dass die Erhaltung der Lebensqualität einen sehr wichtigen Aspekt bei der Behandlung darstellt, und wir besonderes Augenmerk auf mögliche Nebenwirkungen bei einer Langzeitbehandlung dieser Krebs patientinnen legen müssen“, sagt Brunner. Die spezielle Behandlung mit Bis phosphonat oder Denosumab, die eine Ausbreitung der Knochenmetas tasen verlangsamen und über Jahre stabil erhalten sollen, erfolgt zielge richtet. „Das ist eine sehr effektive Therapie und erhöht die Lebens qualität der betroffenen Patientin nen“, erklärt Brunner. Dass es nach Einnahme solcher Medikamente zu Infektionen des Kieferknochens bis hin zum Zahn- und Knochenver lust im Kieferbereich mit potenziell schwerwiegender Beeinträchtigung der Lebensqualität kommen kann, ist schon seit vielen Jahren bekannt. Vor diesem Hintergrund wurde an der Innsbrucker Univ.-Klinik bereits 2016 eine Spezialambulanz für diese medikamenten-assoziierten Kieferne krosen eingerichtet. — 1 Brunner C et al. J Clin Oncol 2024: JCO2400171. doi: 10.1200/JCO.24.00171. Quelle: Medizinische Universität Innsbruck Lebensqualität im Fokus
Vor und während der Therapie von Knochen metastasen ist eine zahn medizinische Behandlung von Brustkrebs
patientinnen erforderlich.
BILD(ER): ROMANR – SHUTTERSTOCK
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