Wirtschaftsmagazin für die frauenärztliche Praxis 5/2024
ABRECHNUNGSTIPPS
Faktorsteigerung bei der Nr. 1
Die Nr. 1 GOÄ (Beratung) ist eine häu fig berechnete Leistung. Deshalb lohnt es auch bei dieser relativ kleinpreisigen Leistung, mit den Möglichkeiten der Fak torsteigerung vertraut zu sein. D er „Einfachsatz“ ist in der GOÄ die Berechnung ohne Anwendung eines Steigerungsfaktors (Punktzahl der Leistung x Punktwert). Der sogenannte „Regelsatz“ für die Nr. 1 GOÄ ist der Ansatz des 2,3-fa chen Faktors. Der „Höchstsatz“ ist für Nr. 1 mit dem 3,5-fachen Faktor erreicht. Mög lich wäre, mit einer Honorarvereinbarung („Abdingung“ nach §2 GOÄ) einen noch höheren Betrag zu erreichen, was aber selten gemacht wird und ein eigenes Thema ist. Grundsätzlich kann für Beratungen jeder Faktor zwischen 1,0 und 3,5 her angezogen werden. „Regelsatz“ ist der 2,3-fache Faktor. Dies nicht nur, weil er der am häufigsten angesetzte Faktor ist, son dern auch aus einem sachlichem Grund.
2,3-Fach ist dann der zutreffend gewählte Faktor, wenn das Leistungsgeschehen im konkreten Fall „durchschnittlich“ war. So steht es klar im § 5 der Gebührenord nung für Zahnärzte (voll übertragbar auf die GOÄ): „Der 2,3-fache Gebührensatz bildet die nach Schwierigkeit und Zeitauf wand durchschnittliche Leistung ab; ein Überschreiten dieses Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen.“ Die Schlussfolgerung ist, dass über durchschnittliche Leistungen mit höherem Faktor bemessen werden sollen, bei einer „unterdurchschnittlichen“ Leistungser bringung sollte nach dem Sinn der Bestim mung aber auch ein Faktor unterhalb des 2,3-Fachen (oder bei anderen Leistungen des 1,8-Fachen) angesetzt werden. Letzte res ist angesichts ausbleibender Honorar anpassung kaum zumutbar und auch nicht überprüfbar. Bei häufiger Abrechnung von
Wichtig • Nr. 1 GOÄ kann relativ häufig mit höherem Faktor berechnet werden. • Die genannten Beispiele von Ursa chen für einen höheren Faktor sind nicht abschließend.
Leistungen mit höheren Faktoren kann das aber sinnvoll sein, um zu unterstreichen, dass die Ärztin bzw. der Arzt es mit den Vorschriften der GOÄ sehr genau nimmt.
Differenzierte Faktoren
Sachlogisch ergibt sich aus der Spanne zwi schen dem Regelsatz und dem Höchstwert, dass es auch Leistungsgeschehen geben muss, die zwar überdurchschnittlich wa ren, aber noch nicht so, dass (im GOÄ-Ge füge) der 3,5-fache Faktor angemessen ist, sondern z.B. der 3,2-fache. Auch eine Mi schung von 2,3/3,5 und einem Zwischen schritt unterstreicht die Glaubwürdigkeit beim Ansatz höherer Faktoren. Wird der Regelsatz (hier 2,3-fach, bei anderen Leistungen auch 1,8-fach) über schritten, muss das in der Rechnung be gründet werden. § 12 GOÄ verlangt das „auf die einzelne Leistung bezogen, ver ständlich und nachvollziehbar“. Daraus ergibt sich die Selbstverständlichkeit, dass die im konkreten Fall erbrachte Leistung schwieriger und/oder zeitaufwendiger ge wesen sein muss, dass die Begründung zur Art der Leistung plausibel sein muss und in der Rechnung die Begründung der mit höherem Faktor berechneten Leistung klar zugehörig erkennbar sein muss. Letzteres ist in der Regel einfach – man schreibt die Begründung direkt darunter. Eine gute Be gründung lässt erkennen, „warum“ hier ein höherer Faktor angemessen ist. Begründung in der Rechnung
Beispiele Zulässige Gründe (keine ausformulierten Begründungen!) für die Bemessung der Beratung mit höherem Faktor können z. B. sein • die Dauer der Beratung. Ab etwa sechs Minuten ist die Beratung von überdurch schnittlicher Dauer. Das erfordert aber eine Zeitmessung und die Patientin kann das bei Rechnungserhalt meist nicht nachvollziehen. Besser ist es, die Ursache für die „Überdurchschnittlichkeit“ anzugeben. • Krankheitsfall bei schwerer Grunderkrankung • gleichzeitiges Vorliegen mehrerer Erkrankungen (s. Diagnosen) • schwierige Differentialdiagnostik bei atypischer Symptomatik • schwierige Differentialdiagnostik bei atypischem Krankheitsverlauf • Erstberatung bei langer Krankheitsvorgeschichte • Beratung unter Einbeziehung umfangreicher auswärtiger Befunde • Beratung unter Einbezug von Angehörigen (wenn nicht Nr. 4 ansetzbar ist) • ausführliche Beratung zu Therapieoptionen • Beratung bei Therapieumstellung • Beratung bei schwieriger medikamentöser Einstellung • Beratung bei Auftreten unerwünschter Arzneimittelwirkung • Beratung zur Notwendigkeit stationärer Behandlung (wenn nicht Nr. 34 ansetzbar ist) • Beratung zur eigenaktiven Mitarbeit • erschwerte Verständigung bei fremdsprachiger Patientin
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