Wirtschaftsmagazin für die frauenärztliche Praxis 5/2024

PRAXIS Recht

Geringe Fallzahlen führen zu Zulassungsentzug Herr Y., hausärztlich tätiger Allgemein mediziner Mir wurde kurz vor meiner Rente die Zu lassung entzogen, da ich diese nicht aus geübt hätte. Zwar lagen meine Fallzahlen in den vergangenen Quartalen jeweils un ter 10% des Fachgruppendurchschnitts. Allerdings rechne ich im Quartal bis zu 400 Fälle im Bereitschaftsdienst der Kas senärztlichen Vereinigung (KV) ab. Muss dies nicht berücksichtigt werden und ist der Zulassungsentzug kurz vor der Rente verhältnismäßig? Ich wollte die Praxis für meine Altersvorsorge verkaufen. Herr Rothfuß: Liegen die abgerechneten Be handlungsfälle über einen längeren Zeit raum hinweg unter 10 % des Fachgruppen durchschnitts, ist von einer Nichtausübung der Zulassung auszugehen, sodass diese entzogen werden kann. Das Sozialgericht (SG) München führte in einem Urteil vom 22.02.2024 (Az. S 20 KA 481/19) in einem ähnlichen Fall aus, dass nur die Abrech nungsdaten für die Frage der Zulassungs ausübung relevant seien. Die Zahlen aus dem Bereitschaftsdienst könnten nicht herangezogen werden, da diese Tätigkeit lediglich einen Annex zur vertragsärzt lichen Tätigkeit darstelle. In dem vom SG entschiedenen Fall war der Arzt bereits mehrmals auf seine niedrigen Fallzahlen hingewiesen worden, sodass die Zulas sungsentziehung aus Sicht des Gerichts verhältnismäßig war. Persönliche Umstän de des Arztes könnten keine Rolle spielen. Eine Zulassungsentziehung ist damit auch kurz vor der Rente verhältnismäßig, wenn diese wiederholt angedroht wurde.

Abrechnungsfrist versäumt

Nachbesetzung einer Arztstelle im MVZ Herr U., Rheumatologe In unserem Medizinischen Versorgungs zentrum (MVZ) hat ein Rheumatologe gekündigt und wir finden keinen Rheu matologen, um die Stelle nachzubeset zen. Daher haben wir die Nachbesetzung mit einem Internisten mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie beantragt. Die KV meint nun, die Tätigkeit von Vorgänger und Nachfolger müssten inhaltlich übereinstimmen. Müssen wir befürchten, keine Genehmigung zu er halten, obwohl beide Ärzte zur gleichen Arztgruppe nach der Bedarfsplanungs richtlinie (BP-RL) gehören? Herr Rothfuß: Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 15.05.2024 (Az. L 5 KA 1146/23) entschieden, dass die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ nicht nur voraus setzt, dass ausscheidender und nachfolgen der Arzt derselben Arztgruppe im Sinne der BP-RL angehören. Entscheidend sei, „ob die Leistungen, zu deren Erbringung und Abrechnung der Vorgänger und Nachfol ger berechtigt sind, größtenteils überein stimmen“. Eine andere fachliche Qualifi kation erlaube es gerade nicht, die gleichen Leistungen abzurechnen. Wenn der Zu lassungsausschuss der Auffassung der KV und der Entscheidung des LSG folgt, steht die Ablehnung der Genehmigung zu befürchten.

Frau Dr. S., hausärztlich tätige Allgemein medizinerin Meine Abrechnung wurde für ein ganzes Quartal nicht vergütet, da ich sie zu spät eingereicht hätte. Ich habe zwar keine Bestätigung, habe aber die Abrechnung fristgemäß am 31.03. im Portal der KV hochgeladen. Die KV beruft sich auf ihre Einreichungsübersicht, laut der die Ab rechnung am 01.04. und damit zu spät eingegangen sei. Muss ich dies gegen mich gelten lassen? Wäre es nicht auch unverhältnismäßig, das gesamte Hono rar zu streichen, wenn die Abrechnung einen Tag zu spät eingegangen wäre? Herr Rothfuß: In einem ähnlichen Fall hat das SG München mit Urteil vom 08.11.2023 (Az. S 38 KA 531/22) die Verweigerung des Honorars bei Fristver säumnis bestätigt. Nach erfolgreicher Ein reichung der Abrechnung werde umgehend eine Empfangsbestätigung versandt. Ohne entsprechende Bestätigung müsse vom Ein gangsdatum der KV ausgegangen werden. Dass auch bei nur um einen Tag verspä teter Einreichung das gesamte Honorar verwehrt werde, sei auch verhältnismäßig. Ärzte hätten die im jeweiligen Honorar verteilungsmaßstab (HVM) bestimmten Einreichungsfristen zu beachten. Werden solche Fristen „gerissen“, verliert der Ver tragsarzt den Honoraranspruch für das ge samte Quartal. Denn eine nicht fristgerecht eingereichte Abrechnungssammelerklärung wirke wie eine fehlende Erklärung; ohne diese entstehe schon gar kein Honorar anspruch.

Sven Rothfuß Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht in der Kanzlei am Ärztehaus. Die Kanzlei am Ärztehaus mit Standorten in Köln, Münster, Hagen und Dortmund ist auf die Beratung von niedergelassenen und angestellten Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten, Chef- und Krankenhausärzten, Apothekern, Krankenhäusern und anderen Leistungserbringern, Verbänden und Körperschaften des Gesundheitswesens spezialisiert. Oberländer Ufer 174, 50968 Köln, Tel.: 0221-340 669 60, Fax: 0221-340 669 61 www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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