Wirtschaftsmagazin für die frauenärztliche Praxis 5/2024
PRAXIS Recht
Fragen an den Experten Rechtsanwalt Sven Rothfuß gibt Antworten
Weiterbildungsbefugnis abgelehnt Herr Dr. R., Hausarzt
Geplante Praxis im Zulassungsverfahren Frau Dr. C., Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin Ich würde mich gerne niederlassen. Zuletzt wurde bei uns eine neue Zulassung ausgeschrieben, um die ich mich auch beworben habe. Der Zulassungsausschuss hat sich jedoch für einen anderen Kandidaten entschieden. Nun habe ich herausgefunden, dass die Räume, in denen der ausgewählte Bewerber sich niederlassen wollte, gar nicht zur Verfügung standen. Der Zulassungsausschuss hat ihm nun Zeit gegeben, andere Praxisräume zu suchen und nachzuweisen. Ich empfinde es als sehr ungerecht, dass er nun dadurch deutlich länger Zeit hat als andere Bewerber, geeignete Praxisräume zu finden. Außerdem wurde er doch gerade auch aufgrund des angegebenen Standorts ausgewählt. Ist das Vorgehen des Zulassungs ausschusses rechtmäßig? Herr Rothfuß: Das Landessozialgericht (LSG) Berlin Brandenburg hat sich in einem Urteil vom 24.04.2024 (Az. L 7 KA 4/22) mit einem ähnlichen Fall beschäftigt. Der vom Zulassungsausschuss ausgewählte Arzt hatte in seiner Be werbung eine Adresse angegeben, für die ihm über vier Jahre zuvor eine Mietoptionsbestätigung ausgestellt worden war. Tatsächlich hatte der Arzt sich seitdem beim Eigentümer des Objekts nicht mehr gemeldet, sodass dieses bereits an derweitig vermietet worden war. Das LSG ging davon aus, dass der Zulassungsantrag des Arztes mangels Angabe eines Vertragsarztsitzes bereits unvollständig und daher nicht zu berücksichtigen war. Die konkrete spätere Praxisanschrift müsse spätestens zur mündlichen Verhandlung vor dem Zu lassungsausschuss benannt werden können. Zwar müsse ein Bewerber noch keinen Mietvertrag geschlossen haben. Unzureichend sei es aber jedenfalls, wenn die anvisierten Räume nach allgemeiner Lebenserfahrung von vornherein nicht genutzt werden könnten. Im Übrigen erfolge die Zu lassung für einen bestimmten Standort. Auch diese Vorgabe liefe ins Leere, wenn ein Arzt sich dann einfach an einem anderen Standort niederlassen könnte. Insofern sollten Sie die Entscheidung des Zulassungsausschusses hier im Wege des Widerspruchs – die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat nach Zustellung des schriftlichen Bescheids – angreifen; als Mitbewerber sind Sie widerspruchsbefugt.
Ich möchte gerne eine Weiterbildungsassis tentin beschäftigen. Daher habe ich eine Wei terbildungsbefugnis sowie die Zulassung meiner Praxis als Weiterbildungsstätte be antragt. Dies wurde nun aber abgelehnt, da meine Fallzahlen angeblich zu hoch seien. Tatsäch lich habe ich in den letzten vier Quartalen jeweils zwischen 2.100 und 2.400 Fälle abgerechnet. Aller dings arbeite ich täglich über zwölf Stunden und bin auch am Wochenende in der Praxis. Dies hin dert mich aber nicht daran, auch einen Assistenten adäquat weiterbilden zu können. Schließlich gibt es doch auch keine Fallzahl-Obergrenze. Ist die Versagung der Befugnis dennoch zulässig? Herr Rothfuß: Einer Entscheidung des Verwaltungsge richts (VG) Hannover vom 22.11.2023 (Az. 7 A 190/23) nach, lasse sich § 7 Abs. 3 Nr. 1 der (niedersächsischen) Weiterbildungsordnung entnehmen, dass eine Weiter bildung ab einer zu hohen Fallzahl in der Praxis nicht mehr möglich sei. Die Formulierung „Die Zulassung setzt voraus, dass Patientinnen und Patienten in so aus reichender Zahl und Art behandelt werden, dass sich die Weiterzubildenden mit den typischen Krankheiten des jeweiligen Gebietes oder Schwerpunktes vertraut machen können“ meine die Behandlung einer „den Er fordernissen entsprechenden“ Zahl von Patienten. Das Gericht führte aus, dass es nicht ausreichend sei, wenn der Weiterbildungsassistent (WBA) dem Arzt bei seiner Behandlung über die Schulter schaue. Die Anleitung in der Facharztausbildung erfordere vielmehr, dass der WBA unter Anleitung des Arztes behandle. Dies dauere notwendigerweise länger als die Behandlung durch den Facharzt selbst. Wenn ein Arzt aber bereits täglich über zwölf Stunden arbeite, bleibe keine Zeit für eine der Wei terbildungsordnung entsprechende Tätigkeit des WBA unter Anleitung. Das Gericht bestätigte daher die Ableh nung der Zulassung der Praxis als Weiterbildungsstätte. Weiterbildungsordnungen anderer Kammern enthalten ähnliche Regelungen.
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