Rheinisches Ärzteblatt 3/2024
Gesundheits- und Sozialpolitik
Belegarztwesen in Gefahr?
Reformvorhaben auf Bundesebene, eine neue Planungssystematik in NRW und eine zunehmende Ambulantisierung – der stationäre Sektor ist im Wandel. Das wirkt sich auch auf das Belegarztwesen aus, bei dem sich schon seit Längerem ein Trend abzeichnet: In den letzten Jahren hat sich die Zahl der belegärztlich tätigen Ärztinnen und Ärzte fast halbiert, viele schieden nicht freiwillig aus. Das ergab eine Umfrage der KV Nordrhein. von Hildegard Arntz D ie Entwicklungen im stationären Bereich führen bei immer mehr belegärztlich tätigen Ärztinnen und Ärzten zu Bedenken. Um die aktuellen Veränderungen aus der Perspek tive der Betroffenen abbilden zu können, hat die KV Nordrhein eine Umfrage unter den Belegärztinnen und -ärzten sowie den Belegkliniken durchgeführt. Die Teilnah mequote verdeutlicht die Relevanz des Themas: Mehr als 75 Prozent der befragten Ärztinnen und Ärzte sowie 90 Prozent der Belegkrankenhäuser nahmen an der Um frage teil. Ein Punkt, in dem sich belegärztlich Tätige, Kliniken und KVen einig sind: Das Belegarztwesen ist ein Paradebeispiel für intersektorale sowie fachübergreifende Zu sammenarbeit – und für die Sicherstellung der regionalen Versorgung von großer Be deutung. Dennoch wurde dieser Bereich in jüngster Vergangenheit schon deutlich be schnitten. Die Umfrage-Ergebnisse zeigen, dass etwa 50 Prozent der bisherigen Beleg ärztinnen und -ärzte dieser Tätigkeit mitt lerweile nicht mehr nachgehen, obwohl sie es gerne würden. Denn es waren größten teils die Krankenhäuser, die innerhalb der vergangenen zwei bis drei Jahre die Beleg arztverträge kündigten. Die Gründe dafür sind seitens der Klini ken unterschiedlich. Einige schließen ihre Belegabteilungen vollständig, wovon ge wisse Fachrichtungen stärker betroffen sind als andere, wie beispielsweise die Ab teilungen der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (siehe Abbildung 1) . In den Krankenhäu sern, in denen über die Zukunft der Beleg abteilungen noch nicht final beschlossen
Zukunftsplanung der Belegabteilungen je Fachrichtung
Orte des Ambulanten Operierens
1 1
12
35
10
52
1 1
8
6
6
26
1
4
7
5
5
AOP-Zentrum Eigene Praxis Krankenhaus OP
2
1
0
keine
noch Schließung neuer
Veränderung offen
Aufbau
Abb. 2: Die Kliniken sind Nummer eins: Am häufigsten finden ambulante OPs im Krankenhaus statt.
Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Urologie Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie Augenheilkunde Orthopädie
Belegärztliche OPs nahezu alternativlos
Abb. 1: Stark eingeschränkt: Die Belegabteilungen der Hals-Nasen- Ohren-Heilkunde sind besonders von Schließungen betroffen.
Ist es eine Alternative, die Leistungen statt belegärztlich ambulant zu erbringen? Das gestaltet sich äußerst schwierig, denn belegärztliche Operationen können nicht einfach durch ambulante OPs ersetzt wer den. Insbesondere bei Kindern, hochbetag ten, multimorbiden und in ihrer Mobilität eingeschränkten Patientinnen und Patien
wurde, wird häufig auf die Entscheidung der Planungsbehörden im Rahmen der neuen nordrhein-westfälischen Kranken hausplanung gewartet.
Belegärztliche OPs oft alternativlos: Um solch eine Behandlung in der eigenen Praxis durchführen zu können, sind die Anforderungen oftmals so hoch, dass diese nicht erfüllbar oder wirtschaftlich zu realisieren sind. Foto: xixinxing/adobe.stock.com
Rheinisches Ärzteblatt / Heft 3 / 2024
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